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PRESSEMITTEILUNG

Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt

20. Juli 2025

Antisemitische Symbolik ist keine Kunstfreiheit – Stellungnahme zu Vorfällen an der Kunsthochschule Halle

Die Darstellung eines Schweinekopfs neben einer Palästina-Flagge auf dem Campus der Kunsthochschule Burg Giebichenstein, mutmaßlich Teil einer studentischen Arbeit, hat tiefes Entsetzen und Besorgnis in der jüdischen Gemeinschaft ausgelöst.

Ehrlich gesagt, nicht nur Besorgnis, sondern auch richtige Angst. Wir wissen ganz genau, wohin der Hass führen kann: egal, ob eines antisemitischen, frauenfeindlichen und rassistischen Verschwörungstheoretikers, wie am 9. Oktober 2019 in Halle oder eines antisemitischen Möchte-Gern-Kämpfers gegen den angeblichen Völkermord.  

Die Wiederverwendung solcher antisemitischer Bildsprache – gleich in welchem Kontext – ist inakzeptabel. Sie verletzt nicht nur die historische Verantwortung, sondern auch die moralischen Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft.

Wir haben Rücksprache mit vertrauenswürdigen Augenzeugen gehalten, die die Darstellung gesehen und dokumentiert haben. Sollte sich der Bezug zu mittelalterlicher antisemitischer Schmähkunst bestätigen, stellt sich eine Frage sehr klar: Warum wird das, was an Kirchen, wie in Wittenberg oder Calbe, heute als „Schande“ bezeichnet wird, plötzlich unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit legitimiert? Dass die Denkmäler aus der NS-Zeit wie jene für Hitler oder Stalin entfernt wurden, aber mittelalterliche Judenverhöhnung heute „künstlerisch“ wiederkehrt, ist ein zivilgesellschaftlicher Rückschritt.

Die Hochschule beruft sich auf die Freiheit der Kunst. Wir halten dem entgegen: Freiheit ist nicht Beliebigkeit. Freiheit ist Verantwortung. Auch die Freiheit der Kunst endet dort, wo sie die Würde anderer verletzt oder antisemitische Stereotype reproduziert. Gedankenfreiheit bedeutet nicht das Recht auf Demütigung. Und Ausdrucksfreiheit ist kein Freibrief für geschichtsvergessene Provokationen.

Antisemitismus in der Kunstszene – ein strukturelles Problem. Antisemitismus ist kein Randphänomen, sondern zunehmend Teil eines politisierten, israelfeindlichen Kunstverständnisses. Wir beobachten:

Wo Kunst und Aktivismus verschwimmen, wird die Grenze zur Hetze verwischt.

Dass in deutschen Hochschulen offenbar wenig Raum ist für Aufklärung über den Pogrom der Hamas am 7. Oktober 2023, über die Ideologie der Hisbollah, der Huthis oder das iranische Mullah-Regime – während zugleich antiisraelische Narrative unreflektiert übernommen werden – ist ein alarmierendes Versäumnis.

Aktuell zeigt sich dieses Muster auch in der Berichterstattung über Syrien:

Während Pogrome gegen Drusen durch dschihadistische Milizen kaum beachtet werden, richten sich Medieninteresse und Empörung vor allem gegen israelische Luftschläge. Wer schweigt, wenn religiöse Minderheiten verfolgt werden, aber laut wird, wenn Israel sich verteidigt, setzt ein doppelmoralisches Signal – das im Kern antisemitisch ist.

Wir fordern von der Hochschule:

  • eine umfassende Aufarbeitung der Vorfälle
  • eine unabhängige Prüfung durch externe Experten für Antisemitismus
  • eine öffentliche Klarstellung zur Verantwortung der Institution und
  • eine klare Abgrenzung gegenüber jeder Form von Judenfeindschaft im Sinne der IHRA-Definition.

Die jüdische Gemeinde erwarten nicht Wohlwollen – aber Haltung.
Nie wieder beginnt mit Klarheit. Nicht mit Relativierung.