In der Mitteldeutschen Zeitung vom 30.03.2020 wird in dem Artikel „Umfassendes Geständnis nach Anschlag: Stephan B. bereut wohl die ‚falschen Opfer‘“, mit Hinweis auf die Süddeutsche Zeitung sowie auf den WDR und NDR, über das Jom-Kippur-Attentat auf die hallesche Synagoge am 09.10.2019 berichtet.
In diesem Artikel geht es um den geständigen Attentäter, der in seinem Hass gegen Juden versuchte in antisemitischen Kreisen zu punkten. Er bereue nicht die Tatsache, zwei Menschenleben ausgelöscht zu haben, sondern dass es, seiner Aussage zufolge, anstatt Juden und Migranten zu töten, die „Falschen“ getroffen habe. Ein pathologisch fanatischer Antisemit. Der Artikel befasst sich u.a. auch mit der Frage, wo er und andere Antisemiten ihre geistige Unterstützung finden und somit ihren eigenen Hass mit der rassistischen und rechtsextremen Ideologie bestärken. Die Antwort liegt im Internet, in diversen Foren, in denen Verschwörungstheorien verbreitet werden und damit versucht wird Menschen zu manipulieren.
Eine solche Verschwörungstheorie ist das alte Stereotyp der vermeintlich über allem stehenden Gier der Juden nach Geld: Egal wie schlimm die Lage der Völker ist, den Juden sei nur das Geld wichtig. Im Mittelalter, als die Pestepidemie tausenden Menschen das Leben kostete, wurden die Juden dafür verantwortlich gemacht.
Und jetzt, wo die Stadt Halle (Saale), das gesamte Land, Europa und die ganze Welt unter der Corona-Pandemie leidet und die Menschen sich mit den gesundheitlichen, aber auch wirtschaftlichen Folgen der Pandemie auseinandersetzen, wird dieses alte Stereotyp aus der antisemitischen Weltanschauung durch einen MZ-Artikel erneut befeuert. Sie ahnen vermutlich, um welchen Artikel es geht: „Die Millionen-Klage: Wie die jüdische Gemeinde in Halle um ihr Geld kämpft“. In Zeiten der Corona-Krise wird mit dem Artikel gerade dieses Bild des „geldgierigen Juden ohne Wenn und Aber“ hervorgerufen und verbreitet – unabhängig davon, ob das überhaupt in der Absicht des Autors lag oder nicht.
Es ist beschämend, verantwortungslos und absolut unerträglich, die gesellschaftliche Atmosphäre in der gegenwärtigen Situation mit einem derart negativ behafteten Bild zu „vergiften“ und womöglich Menschen mit rassistischer und rechtsextremer Gesinnung damit in ihrem Hass zu bestärken.