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Politische Erklärung des Präsidiums und Direktoriums des Zentralrats der Juden in Deutschland zum zweiten Jahrestag des Massakers am 7. Oktober 2023

Zwei Jahre nach dem Massaker der Terrororganisation Hamas in Israel am 7. Oktober 2023, bei dem 1200 Menschen bestialisch ermordet wurden, erinnern wir an die Opfer: Babys, Kinder, Frauen, Männer und Senioren – mehrheitlich Zivilisten, unter ihnen viele Friedensaktivisten. Wir erinnern an die 250 Geiseln, die nach Gaza verschleppt wurden und von denen noch knapp 50 in Tunneln gehalten werden. Wir erinnern an die deutschen Staatsbürger Tamir Adar, Gali Berman, Ziv Berman, Rom Braslavski, Itay Chen, Tamir Nimrodi und Alon Ohel, die seit 730 Tagen als Geiseln gefangen gehalten werden und der Willkür der Terroristen der Hamas und des Islamischen Jihad ausgesetzt sind. Wir stehen an der Seite Israels und an der Seite der israelischen Bürger, die durch den Angriff auf israelisches Staatsgebiet traumatisiert sind und verurteilen die fortwährenden Angriffe auf Israels Existenzrecht. 

Den Angriffen in Israel folgten Angriffe auf Juden weltweit – auch in Deutschland. Der Hass auf Israel und der Hass auf Juden in Deutschland sind zwei Seiten derselben Medaille. Antisemitismus tritt offener und aggressiver zutage – oftmals getarnt als Kritik an Israel, tatsächlich jedoch als Hetze gegen Jüdinnen und Juden in unserem Land. Körperliche Angriffe auf Juden wie im Februar 2024 auf einen Studenten in Berlin oder im August 2025 in Frankfurt am Main machen uns fassungslos. Angriffe auf friedliche Demonstranten, die sich für die Freilassung der Geiseln stark machen, durch sogenannte „pro-palästinensische Aktivisten“, sind keine legitime Kritik an Israels Politik. Die Ausladung der Münchner Philharmoniker wegen ihres israelischen Dirigenten, der sich immer wieder für Frieden und Dialog eingesetzt hat, ist keine legitime Kritik an Israels Politik. Dieser vermeintlich „propalästinensische Aktivismus“ trägt nicht dazu bei, dass es der Zivilbevölkerung in Gaza bessergeht. Stattdessen treibt er einen Keil in unsere Gesellschaft und schürt Hass und Angst in unserem Land.

Der Bildungsbereich, der Wissenschafts- sowie der Kulturbetrieb tragen eine besondere Verantwortung, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen Antisemitismus einzutreten. Aber auch all jene, die dem radikalen Aktivismus verfallen sind, müssen sich fragen, welche Auswirkungen ihr Handeln jenseits der Situation im Nahen Osten hier in Deutschland für die Zivilgesellschaft hat.

Die Angst vor ernsthaften strafrechtlichen Konsequenzen für antisemitische Taten ist nach wie vor zu gering. Viel zu viele antisemitische Täter kommen ungestraft davon. Es ist an der Bundesregierung und am Gesetzgeber, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, antisemitische Straftaten zu unterbinden. Die bestehenden Gesetze reichen offenbar nicht mehr aus. Es ist Zeit nachzuschärfen, damit jüdisches und freiheitliches Leben in Deutschland nicht noch weiter gefährdet wird.

Wir appellieren an jeden Einzelnen, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass Juden in Deutschland frei und sicher leben können. Wenn Juden erneut Freiheit und Sicherheit verlieren, droht der deutschen Gesellschaft der Verlust ihrer Demokratie.

Es beginnt mit den Juden. Es hört aber nicht bei ihnen auf.